Wegweiser:
Eine Übersicht
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Ob
man transsexuell ist oder nicht, kann man letztlich nur für sich selbst entscheiden.
Auch wenn man sich dessen sicher zu sein glaubt, können die Konsequenzen,
die man für sich aus dieser Erkenntnis zieht, individuell sehr
unterschiedlich sein.
Manche
finden ihren eigenen Standpunkt außerhalb der Geschlechterrollen und
setzen sich zum Teil auch politisch für deren Auflösung
ein. Andere haben den sehr starken Wunsch, ihren Körper und/oder
ihr soziales Geschlecht grundlegend zu verändern und möglichst eindeutig dem
"anderen" Geschlecht anzugehören.
Oft
ist es ein sehr langer Prozess, bis man seinen eigenen Standpunkt
und die für einen selbst stimmigen Lösungen gefunden hat. Hilfe
dazu gibt es bei Psychologen und Psychiatern, aber auch bei anderen
Betroffenen.
Ziemlich
deutliche Antworten darauf, ob der Wunsch nach einem Geschlechtswechsel
auch tragfähig umzusetzen ist,
gibt wohl der gelebte Alltag: Der sogenannte "Alltagstest"
ist daher ein wichtiger Bestandteil des meist therapeutisch begleiteten
Selbstfindungsprozesses. Darin klärt sich, ob die empfundene
Identität
auch im täglichen Umgang lebbar wird, ob der Wunsch nach einem
Wechsel des gelebten Geschlechts weiter besteht und welche
medizinischen und juristischen Maßnahmen
man für sich selbst anstrebt.
Verschiedene
Schritte sind zu bewältigen, bis das Leben in der neuen
Form erreicht ist.
Psychologische/Psychiatrische
Begleitung
Bevor nachhaltige und unumkehrbare medizinische Maßnahmen
eingeleitet werden, sollten die psychische Situation gut ausgelotet
und andere Probleme ausgeschlossen sein. Üblicherweise wird
schon allein zur Feststellung des "Krankheitswertes",
der erst eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen rechtfertigt,
eine 1 1/2-jährige Begleitung gefordert. Diese
Zeit gibt Gelegenheit zur Selbstreflexion; in ihrem Verlauf können
die medizinischen Maßnahmen schrittweise eingeleitet werden.
Das
juristische Verfahren
Nach dem deutschen Transsexuellengesetz (TSG) kann man den Vornamen
an das neue Geschlecht anpassen und in allen Papieren ändern
lassen. Voraussetzung ist, daß man "seit mindestens drei
Jahren unter dem Zwang steht", im entsprechenden Geschlecht
zu leben. Zwei voneinander unabhängige Gutachten sollen bestätigen,
daß "mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß
sich das Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht
mehr ändern wird."
Zur Zeit ist die Rechtslage so,
daß mit der Vornamensänderung auch die Geschlechtszugehörigkeit
geändert werden kann. Operationen oder die dauerhafte Sterilität, wie sie vom
TSG noch gefordert wurde, sind heute nicht mehr erforderlich.
Der formlose Antrag
auf Vornamens- und Personenstandsänderung sind beim dem Amtsgericht am Sitz des für
den Wohnort zuständigen Landgerichts einzureichen.
Die
medizinischen Möglichkeiten
Für Mann-zu-Frau-Transsexuelle
Mit der Gabe weiblicher Hormone beginnt eine langsame Verweiblichung
des Körpers: Haut und Fettverteilung ändern sich, Brüste
beginnen, zu wachsen und die Behaarung am Körper geht meist
zurück. Auf Sexualität und Psyche haben die Hormone eine
beruhigende und meist als angenehm empfundene Wirkung. Die Kopfhaare
können wieder ein wenig reichlicher wachsen. Bei der Bartbehaarung
ist in der Regel keine Änderung zu erkennen, sie ist nur durch
eine oft langwierige Epilationsbehandlung (per Laser oder Nadel)
zu entfernen.
Die aktuellen Operationstechniken zur Umgestaltung des Genitals
erlauben eine recht gute Annäherung an das natürliche
Vorbild. Zur weiteren Angleichung an das weibliche Geschlecht können
verschiedene kosmetische Operationen wie zum Beispiel Brustvergrößerungen
durchgeführt werden. Die Stimme ändert sich durch die
Hormone nicht, kann aber durch Training verändert werden.
Für
Frau-zu-Mann-Transsexuelle
Männliche Hormone bringen eine deutliche Vermännlichung
mit sich: Stimmbruch, Haarwuchs, Muskelaufbau, Veränderungen
der Haut und der Gesichtszüge. Nach einiger Zeit der Hormontherapie
wird damit meist ein deutlich männliches Auftreten erreicht.
Operativ können Busen, Gebärmutter und Eierstöcke
entfernt werden. Da sich der Aufbau eines männlichen Genitals
sehr schwierig gestaltet, verzichten viele transsexuelle Männer
auf diesen Schritt. Er ist für die juristische Anerkennung als
Mann nicht erforderlich. Ein kleiner, funktionaler Penis kann
durch eine Vergrößerung der Klitoris erreicht werden ("Klitorispenoid"),
ein größerer läßt sich durch Transplantation
eines Hautlappens (vorwiegend aus dem Unterarm) erzielen. Beide Lösungen
können das Urinieren im Stehen möglich machen.
Die
Kosten
Transsexualität ist als "Störung mit Krankheitswert" praktisch als Krankheit anerkannt. Ist die Diagnose
gestellt, sind die Krankenkassen zu einer Übernahme der medizinisch
notwendigen Leistungen verpflichtet. Dazu zählen Psychotherapie
ebenso wie Hormonbehandlung und die wichtigsten Operationen. Gegebenenfalls
entscheiden Gutachten, welche Leistungen (wie etwa kosmetische
Operationen) als medizinisch notwendig und damit als leistungspflichtig
anzusehen sind.
Kontakte
zu anderen Transsexuellen
Viele Transsexuelle wollen nichts mit einer bunten "Szene"
zu tun haben und haben durchaus zu Recht die Befürchtung, hier
in ihrem Weg beeinflußt zu werden. Leider kommt es immer wieder
vor, daß neue Ratsuchende in der Selbsthilfeszene geradezu
auf den Weg einer Geschlechtsumwandlung gedrängt werden und
keine differenzierte Beratung unter Berücksichtigung aller
Vor- und Nachteile erfahren.
Andererseits
zeigt
die Erfahrung, daß der Kontakt mit Mitbetroffenen gut tut,
Druck aus einer schwierigen Situation nimmt und der Erfahrungsaustausch
hilft, die vielfältigen medizinischen und juristischen Fragen
besser zu lösen.
So
muß der oder die Einzelne entscheiden, was der Kontakt bringen
kann. Kontaktadressen zu den Selbsthilfegruppen finden sich hier.